Alt-Antik-Antikstil

Antik: was sagt dieser Begriff eigentlich aus und warum sollte man genau hinschauen

Ein kleiner Ratgeber (nicht nur) für Ebay-Kunden

Immer wieder gibt es Missverständnisse, was unter einem „antiken“ Artikel zu verstehen ist – und was eben nicht. Und das, obwohl es bestimmt schon viele Ratgeber hierzu gibt. Daher möchten wir hier noch einmal darstellen, was man unter „antiken“ Artikeln und „Antiquitäten“ verstehen sollte.

Zunächst zum Begriff „antik“: Hier handelt es sich um einen in keiner Weise geschützten Begriff und es gibt keine rechtlich verbindliche Definition oder gar ein Gesetz dazu. Ganz im Gegenteil: „antik“ heißt (außer bei geschichtlichen Baudenkmälern oder Funden aus der sog. Antike) einfach nur „alt“. Der Duden gibt unter „antik“ an:

(Zitat Anfang) das klassische Altertum, die Antike betreffend; aus dem klassischen Altertum stammend aus einer vergangenen Epoche stammend bzw. in deren Stil gemacht (von Sachen, besonders von Einrichtungsgegenständen)

Synonyme zu antik

alt, griechisch-römisch, klassisch alt, altertümlich, aus
alter Zeit stammend; (gehoben) altehrwürdig (Zitat Ende)

Speziell für Möbel gibt es in der DIN 68871 „Möbel-Bezeichnungen“ eine Begriffs-Definition:

3.10 antikes Möbel

Möbel, das mindestens 100 Jahre alt ist und nachträglich durch eine Restaurierung nicht wesentlich verändert wurde, so dass der kunsthistorische Wert weitgehend erhalten bleibt.

Diese Definition bezieht sich allerdings ausschließlich auf die Anwendung dieses Begriffs innerhalb der Norm selber.

„Antik“ ist also zunächst einmal nur ein Ausdruck des normalen Sprachgebrauchs und bedeutet „alt“ oder „auf alt gemacht“. Bis zur Überschwemmung des deutschen Marktes mit fernöstlichen Produkten im antiken Stil (z.B. Stühle, Kommoden, Vitrinen, Accessoires) war es allgemein üblich, alle Produkte, die echt antiquarisch waren oder neuere Kopien historischer Stile, die aber nicht mehr aktuell hergestellt wurden, als „antik“ zu bezeichnen. Egal, ob der Artikel 20 oder 5000 Jahre alt war. Bei hochwertigen Artikeln war damit oft auch eine Qualitätsaussage verbunden: antike Möbel, Gläser und Porzellanwaren aus allen Epochen bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein sind in der Regel von guter Qualität, zumindest diejenigen aus westeuropäischer Fertigung, und von renommierten Herstellern sowieso. Darauf kann man sich heute aber nicht mehr verlassen! Es gibt gerade in Ebay genügend Anbieter von Neuware (überwiegend aus Fernost), die als „Antiker Artikel XYZ“ angeboten werden, aber eigentlich ein Artikel XYZ „im antiken Stil“ sind. Hinzu kommt, dass in der Flohmarktszene aus Trödelflohmärkten zunehmend Antikflohmärkte werden – aber nur dem Namen nach. Und damit zunehmend wertloser Trödel als antik bezeichnet und als antik angeboten wird, sei es vorsätzlich oder einfach nur dem aktuellen Trend folgend.

Vom Begriff „antik“ ausdrücklich unterschieden wird der Begriff „Antiquität„. Zwar ist auch dieser nicht gesetzlich definiert oder geschützt*, aber er bezieht sich im aktuellen Sprachgebrauch üblicherweise auf ein tatsächliches Alter eines Artikels und nicht auf eine (kopierte) Stilrichtung, die als Herkunftsepoche missinterpretiert werden kann. Es gibt unter uns gewerblichen Antik- und Antiquitätenhändlern einen nicht rechtlich verbindlichen modus vivendi, nach dem nur solche Artikel als Antiquität bezeichnet werden, die tatsächlich 100 Jahre alt oder älter sind. Bei bestimmten Stil-Epochen wie z.B. Art Déco reichen auch schon 80 Jahre. Allerdings gibt es vor allem unter den Privat-Verkäufern immer wieder Fälle, in denen Artikel als Antiquität angeboten werden, die nicht einmal 20 Jahre alt sind und mit „[genaues] Alter unbekannt“ beschrieben werden oder bei denen eine Altersangabe völlig fehlt.

Speziell bei Stilmöbeln (z.B. Sekretäre oder Kommoden im Barock-Stil) fällt uns und vor allem enttäuschten Bietern das immer wieder auf. Und die „antiken Möbel“ aus fernöstlicher Serienfertigung weisen dasselbe Merkmal auf: es gibt i.d.R. keine konkrete Altersangabe und Hinweise auf die Herkunft. Klar, denn daraus könnte ersichtlich sein, dass es sich um minderwertige Massen-Qualität handelt, zumindest im Vergleich mit europäischen Möbeln, die „wirklich“ antik sind, egal ob es dabei Originale oder Stilkopien sind. (Dies ist übrigens ein Trend, der auch aus anderen Branchen und
Konsumbereichen bekannt ist, wie z.B. bei „original“ KfZ-Ersatzteilen.) So kommt es, dass viele Kunden meinen, ein vermeintliches Schnäppchen zu machen, wenn sie einen „antiken“ Artikel ersteigern oder gar eine „Antiquität – seltene Antiquität – Rarität – seltene Rarität“ etc.

Daher beachten Sie bitte folgende Tipps:

  • Unterscheiden Sie zwischen „antik“ und „Antiquität“.
  • Unterscheiden Sie zwischen „antik“ und „im antiken Stil“ bzw. „im XYZ-Stil“. Letzteres soll Ihnen sagen, dass es sich bei dem Artikel nicht um ein echtes Original handelt, sondern um eine (Stil-)Kopie. Die aber natürlich auch hochwertig und wertvoll sein kann, wie z.B. bei italienischen Stilmöbeln
    „im Chippendale-Stil“, nur eben keine 250 Jahre alt.
  • Lesen Sie die Artikelbeschreibung aufmerksam, ob eine glaubhafte, konkrete Altersangabe gemacht wird!!!
  • Falls keine Altersangabe gemacht wird, gehen Sie davon aus, dass der Artikel weder antik noch antiquarisch ist. (Eine Suche in Ebay nach „Barock-Kommode“ ergibt Tausende Treffer – was meinen Sie, wie viele davon tatsächlich aus dem Barock stammen?)
  • „Alter unbekannt“ bei einer angebotenen „Antiquität“ kann insb. bei Privat-Verkäufern heißen: „Ich sichere keine Eigenschaften zu, vor allem wenn ich weiß, dass es gelogen wäre. Und wenn der Kunde es dennoch merkt: keine Rücknahme, keine Garantie.“
  • Und falls in diesem Fall auch keine Angabe zur Qualität gemacht wird oder falls Sie ausgesprochen geschwurbelte Marketing-Formulierungen lesen: Rechnen Sie mit einem Made-in-China-Produkt. Das ist nicht grundsätzlich negativ, solange Sie sich dessen bewusst sind. Aber es ist i.d.R. etwas völlig anderes
    als ein „echter“ antiker Artikel oder gar eine echte Antiquität.
  • Bei den Begriffen „Rarität“ und „selten“ sollten bei Ihnen ebenfalls die Alarmglocken läuten. Fragen Sie nach: seriöse Anbieter mit entsprechendem Fachwissen können Ihnen die Hintergründe plausibel erklären und eine rechtlich verbindliche Zusicherung geben. Ansonsten: verzichten Sie lieber auf einen potenziellen Fehlkauf!

Wir selber sind aufgrund der beschriebenen Entwicklung bei unseren eigenen Angebotstiteln und Artikelbeschreibungen übrigens inzwischen dazu übergegangen, Antiquitäten explizit als „Original Antiquität“ zu beschreiben. Um sie von den vielen falschen Antiquitäten zu unterscheiden. Und bei
Stilkopien geben wir auch bei antiken Artikeln ein „…im XYZ-Stil“ an, damit niemand auf die Idee kommt, hier tatsächlich einen – sagen wir mal Original Barock-Stuhl von 1690 zu erwarten, obwohl er von 1960 stammt und in der Umgangssprache allgemein als „Barock-Stuhl“ bezeichnet wird**. Natürlich immer mit ehrlichen Angaben zum tatsächlichen Alter.

(tk) © Antik mit Stil GmbH 2013


*) PS: Es gibt eine Definition von Antiquitäten im Zolltarif, der sich allerdings nur auf die steuerliche Behandlung bei der Einfuhr von Kunstgegenständen bezieht. Hier sind ebenfalls die 100 Jahre genannt.

**) PS:
Auch hierzu heißt es in der DIN 68871: 12.1 Antikes Möbel Wird in der Bezeichnung eine bestimmte Stilepoche, wie z. B. Biedermeier, genannt, muss das Möbel aus dieser Epoche stammen. Das bedeutet: Ein „Biedermeier-Sofa“ muss aus der Zeit von 1815 bis 1848 stammen. Ein „Sofa im Biedermeier-Stil“ nicht.

Letztes Update: 11.11.2017


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